Pro Familia ab 1956

1954

In den Jahren 1954 bis 1956 reifte im damals christlich-sozialen Lager, das sich vorwiegend aus Mitgliedern der KAB (Katholischer Arbeiterbund) und der Gewerkschaft der christlichen Textil- und Bekleidungsarbeiter zusammensetzte, der Gedanke, für die Arbeiterschaft günstige Wohnungen zu bauen. Eine „Kerngruppe“ aus diesem Lager liess sich vom damaligen Pfarrer Pius V. Meyer beraten. Pfarrer Meyer verstand es, diese Kerngruppe für ihr Vorhaben zu begeistern und „am Ball“ zu halten. Nach diversen Vorabklärungen und Beratungen entschloss sich diese Kerngruppe, eine Wohnbaugenossenschaft zu gründen. Die Vorarbeiten zur Gründung der Wohnbaugenossenschaft wurden vorangetrieben und die Statuten der Wohnbaugenossenschaft „Pro Familia Root“ erarbeitet.
Der Zweck der Genossenschaft wurde in Art. 3 der Statuten wie folgt umschrieben:
„Die Genossenschaft verfolgt den Zweck, mit Beihilfe privater und öffentlicher Mittel, in gemeinsamer Selbsthilfe, auf dem Gebiet der Kirchgemeinde Root preiswerte Wohngelegenheiten für ihre Mitglieder und weniger Bemittelte zu schaffen.“ Damit stand der soziale Gedanke des ganzen Unternehmens im Vordergrund.

1956

An der Gründungsversammlung waren folgende Gründer anwesend:
Pius V. Meyer, Pfarrer
Albert Weiss, Schreiner
Jakob Dürmüller, SBB-Beamter
Josef Weiss, Buchbinder
Josef Unternährer, Saalmeister
Julius Duss, Buchhalter
Josef Stirnimann, Fabrikarbeiter
Leo Güntert, Kaufmann
Josef Bisang, Schreiner
Josef Trüeb, SBB- Angestellter

Das Stiftungsstatut wurde gemäss Gründungsprotokoll vom 29. Januar 1956   einstimmig genehmigt und die Wohnbaugenossenschaft gegründet. Die Verwaltung der Genossenschaft wurde wie folgt bestimmt:

Präsident Jakob Dürmüller
Vizepräsident Josef Unternährer
Aktuar Leo Güntert
Kassier Albert Weiss
Beisitzer Pfarrer Pius Meyer
Josef Stirnimann
Josef Weiss

Als Mitglieder der Kontrollsteile wurden gewählt:
Julius Duss und Josef Bisang

Die Gründungsversammlung fand am 29. Januar 1956 im Pfarrhaus in Root statt und wurde von Rechtsanwalt und Notar Dr. iur. Josef Duss, Luzern, beglaubigt und verurkundet.
Mit der Gründung der Wohnbaugenossenschaft Pro Familia Root entstand für die Verwaltung vordergründig die Aufgabe:
1. Geld zu beschaffen
2. Bauland zu sichern

Beide Aufgaben konnten kurzfristig gelöst werden. Die ersten zwölf Genossenschaftsmitglieder, vorab die Gründer, zeichneten kurzfristig Fr. 15’000.- an Anteilscheinen.
Da die Genossenschaft bis zum Bezug des Hauses Ronmatt über kein Einkommen verfügte, verzichteten die Genossenschafter auf eine Verzinsung des Anteilscheinkapitals, obwohl das meiste Kapital von einfachen Leuten mit bescheidenem Einkommen zur Verfügung gestellt wurde.

1957

Anlässlich der Generalversammlung vom 28. April 1957 wurde eine Projektänderung beschlossen. Die Grösse der Parzelle ermöglichte es, zwei Mehrfamilienhäuser zu 6 bis 8 Wohnungen zu planen.

1959

An der Generalversammlung vom 8. Februar 1959 wurde das Projekt „Ronmatt“, ein 8 Familienhaus genehmigt und ein Baukredit von Fr. 230’000.- bewilligt. An der Vorstandssitzung vom 15. September 1959 wurden die Mietzinse für die Wohnungen im Haus Ronmatt wie folgt festgelegt:

3 Zimmerwohnung: Fr. 125.- plus Fr. 22.- Nebenkosten
4 Zimmerwohnung: Fr. 134.- plus Fr. 27.- Nebenkosten

Der damalige Hauswart, Georg Freiburghaus, wurde mit Fr. 15.- monatlich entschädigt. Die Baukommission, bestehend aus den Herren Alphons Schnyder, Präsident, Pius Köpfli, Heinrich Huber und Georg Freiburghaus haben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der Kostenvoranschlag konnte um den sagenhaften Betrag von Fr. 32’000.- unterschritten werden. Dank dem guten Abschluss der Bauabrechnung wurde beschlossen, einen kulturellen Beitrag zu leisten. Kunstmaler Gody Hirschi, Root, wurde beauftragt, an der Südostfassade ein Wandbild zu malen. Dieses Wandbild, die Heilige Familie darstellend, gab innerhalb der Genossenschaft wie auch in der Bevölkerung viel zu diskutieren, was aber dem Kunstwerk keinen Abbruch tat.

1963

Unter der technischen Beratung von Architekt Josef Bründler, Root, wurde die Planung des zweiten 8-Familienhauses (Ronhof) in Angriff genommen. An der Generalversammlung vom 14. August 1963 wurde ein Baukredit von Franken 400’000.- beschlossen. Infolge ungerechtfertigter und unerwarteter Einsprachen wurde der Baubeginn bis zum Spätsommer verzögert.

1965

Trotzdem konnten im Frühjahr 1965 die Wohnungen bezogen werden. Die Mietzinse betrugen für eine

  • 3 Zimmerwohnung: Fr. 240.-
  • 4 Zimmerwohnung: Fr. 285.-.

Für die Mitfinanzierung wurde bei den zuständigen Behörden ein  Subventionsgesuch eingereicht. Dieses Gesuch wurde an der Gemeindeversammlung von Root abgewiesen. Die grosse Enttäuschung zeigt sich in der Äusserung anlässlich der Generalversammlung vom 14. August 1963. Zitat: „Herr Hug ist überrascht über die Ablehnung unseres Subventionsgesuches. Es mute fast unglaublich an, wenn sich eine Gemeinde unter fadenscheinigen Ausflüchten um ihre sozialen Verpflichtungen herumdrücke, nachdem soziale Baugenossenschaften grosse Leistungen aufweisen können“. Diese Situation zeigt deutlich auf, dass die christlich-sozialen Gruppierungen zu dieser Zeit kaum ernst genommen wurden.